ART Profil, Ausgabe 6/2001

Das Fachmagazin für aktuelle Kunst

Farbe ist Energie: Bettina Mohr und ihre Bilder

Bei den Werken der nordbadischen Malerin Bettina Mohr verwundert das Format. Wie schmale Streifen gestaltet sie ihre Kompositionen, die bisweilen an Landschaftsmalerei erinnern, bisweilen an abstrakte Bilder. Die Grenzen sind hier fließend: Visionen, die aus dem Innern kommen und somit unwirklich und surreal erscheinen, aber uns dennoch vertraut sind. Fantasie und Wirklichkeit verschmelzen hier miteinander. In Bettina Mohrs aktuellen Werken dominiert die Farbe Blau. Blau hat vielfältige Erscheinungsformen und löst ganz unterschiedliche Reaktionen beim Betrachter aus. Eindeutig kalt ist die Wirkung jedoch in den seltensten Fällen. Blau ist für die Malerin eine transzendentale Farbe. Nicht umsonst habe Blau deshalb in der christlichen Ikonographie eine herausragende Bedeutung. Blau führt in die Tiefe, regt die Fantasie an und lädt zum Träumen ein. Mit Blau lassen sich Szenarien gestalten, die, je nach Malweise in den

 

Raum hineinwirken oder den Blick in die Tiefe ziehen.
Über das Wesen der Farbe denkt Bettina Mohr intensiv nach. Farbe ist für sie Energie, Rhythmus, Bewegung und Leben. Ihre Aufgabe als Malerin sieht sie darin, sich der jeweils besonderen Wirkungskraft einer Farbe bewusst zu werden. Beim Malen verbindet sie jene unterschiedlichen Eigenschaften zu einem Gesamteindruck. Dies geschieht teilweise bewusst, teilweise verdankt sie aber der Intuition und der Spontaneität dabei mehr als der rationalen Steuerung des Malprozesses.
Dies fällt besonders auf, wenn man die einzelnen Elemente des blauen Zyklus mit den erdfarben getönten Bildern vergleicht, die parallel dazu entstanden sind.
Im Gegensatz zu den erstgenannten, die man dem sphärischen Bereich, also dem Element Luft, zuordnen könnte, denkt  man hier zunächst an unterschiedlich getöntes Gestein. Dass hier ein anderes Format gewählt

„Erdlichter“, 75x21cm

wurde, das eher statische, klassische Rechteckformat, ist sicher kein Zufall, sondern entspringt einer bewussten Entscheidung, weil dieses Format die Schwere betont, die von den Bildern, trotz des lichtvollen und transparenten Farbauftrags, vermittelt wird. Bei diesem Farbauftrag wirkt aber nicht nur die Tönung allein, sondern die Sensibilität, mit der diese Farbe aufgetragen ist.

Dass Bettina Mohr eine Ausbildung

als Rhythmik- und Tanzlehrerin absolviert hat, spürt man dabei, den ein wesentliches Element, welches die Wirkung hier verstärkt, ist der Duktus des Pinsels,  den man  zwar in den seltensten Fällen sieht, dessen Schwingungen man aber dennoch im Unterbewusstsein wahrnimmt. Für den Gesamteindruck ist diese Schwingung wesentlich.
Sie vollzieht sich jedoch nicht im luftleeren Raum,
„Blick zurück“, 75x21cm
sondern in einem Wechselspiel zwischen bewusster Entscheidung und gesteuertem Zufall. Dieses Wechselspiel kann sich auf unterschiedliche Art und Weise vollziehen. Bei den erdfarbenen Bildern ist es die Collage, die in gewisser Weise die Richtung der Komposition mitbestimmt.
In einigen Elementen des blauen Zyklus vollzieht  sich diese Wechselwirkung  durch  die
Korrespondenz zwischen einem Linolschnitt, den sie in den Farbklang einarbeitet. Hier muss in Gedanken das Bild schon vorstrukturiert werden. Später, bei den abgeschlossenen Bildern bemerkt man diese Verbindung nicht mehr, denn der  Druck  wirkt,  obwohl immer  das gleiche Motiv gewählt wird, jedes Mal anders, entsprechend verändert durch das energetische Umfeld, das von der Farbe bestimmt wird.
„Ahnung“, 75x21cm
Druckversion | Sitemap
© mohr-arts

E-Mail