"Bei dieser Werkreihe kommen sichtbar auch wieder mehrere Faktoren für die Aussage und Wirkung zum tragen: Zunächst der Titel „Uferlos“. Bei näherem Betrachten sind alle Motive tatsächlich an
keinem Ufer dargestellt. Doch ist ja der Sinn des Wortes „uferlos“ bekanntlich ein doppeldeutiger, der auf etwas, das „ausufert“, auf Übertreibung, Maßlosigkeit, Grenzenlosigkeit hindeutet.
Allerdings finden wir durchaus harmonische ästhetische Darstellungen von menschlichen Bauwerken, die offenbar nicht als augenfällige Kritik fungieren sollen. Bettina Mohr schildert ihr Verständnis
von „Uferlos“ so, dass kein natürlicher Übergang der Elemente gegeben ist. Was wir sehen ist alles künstlich. Ob dies das mittelalterliche Städtchen San Gimignano ist oder ob dies moderne
Weltmetropolen sind, in jedem Fall spiegelt es menschliche Versuche wider, durch Bauwerke Höhen-Rekorde zu brechen. Es ist also unsere Wahrnehmung, auf die die Aussage zielt, denn die Skylines von
New York oder Berlin z.B. empfinden wir ja auch als vertraut, ästhetisch und reizvoll. Der Blick hat sich an künstliche Welten mit monströs in den Himmel ragenden Türmen gewöhnt, an das Phänomen der
Grenzenlosigkeit, bei der es kein Ufer gibt.
1962 konstatierte der Künstler Robert Rauschenberg zu seinem Werk: „[...] ich bin der Meinung, dass ein Bild wirklicher ist, wenn es aus Teilen der wirklichen Welt gemacht ist. [...] Malerei bezieht
sich auf beides, auf die Kunst und auf das Leben, keines von beiden lässt sich herstellen; ich bemühe mich, zwischen beiden zu agieren.“ Dieses Zitat lässt sich, wie ich finde, auch auf die Werkreihe
„Uferlos“ von Bettina Mohr übertragen, denn auch hier werden Materialien als Teile der wirklichen Welt künstlerisch verwertet. ...“
Auszug einer Rede von
Dr. Herbert von Bose
Kunsthistoriker, Heidelberg
September 2006
Bilder der Serie Uferlos aus den Jahren 1999 bis 2006
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